GapStories ego

Screening der neuen Kurzvideos von László László Révész, Budapest

mit anschließender Podiumsdiskussion

Donnerstag, 24. Oktober 2013, 19 Uhr
MUSA Museum Startgalerie Artothek

Felderstraße 6-8, 1010 Wien
(neben dem Rathaus)

Eine Veranstaltung von KulturAXE in Zusammenarbeit mit dem MUSA und :delle, Budapest

Begrüßung:
Dr. Berthold Ecker, Leiter des Referates Bildende Kunst (der Kulturabteilung der Stadt Wien), Leiter des MUSA
Caroline Fekete-Kaiser, KulturAXE

Zu den Arbeiten: Dr. Maja und Dr. Reuben Fowkes, Translocal Institute for contemporary art, London und Budapest,  www.translocal.org
Anschließend Podiumsdiskussion mit Publikumsbeteiligung

Gap Stories

In seinen neuen Videoarbeiten setzt der ungarische Medienkünstler und Maler László László Révész Tafelbilder in Bewegung. Er nennt diese Animationen Licht- oder Schattenspiele. Sie handeln um Apathie und Hoffnungslosigkeit im Rahmen der komplexen gegenwärtigen Probleme in Ungarn. László László Révész ist ein Erzähler. Er ruft uns in die Fiktion, die uns bereits vertraut ist, Geschichten und Figuren tauchen auf, mit denen wir, ohne es zu wissen, identisch sind. Die Teile werden in kurzen Sequenzen präsentiert.

In einem Screening werden 11 Kurzvideos in zwei Serien präsentiert. Die Einführung übernehmen die KunsthistorikerInnen Dr. Maja und Dr. Reuben Fowkes vom Translocal Institute for contemporary art, London und Budapest, www.translocal.org. Im Anschluss dazu gibt es eine Podiumsdiskussion mit Publikumsfragen.

In these works Révész deals with the apathy and the loss of hope in the contemporary attitude towards the current problems in Hungary. Révész offers two series: The animated series, which contains six videos, made in 2010-13, focusing on the escapism from the present. These animation études are built on the movement of light in a retrograde, experimental strategy using analogue light stencils. The other set contains five non-animated videos made in 2011-13, and are more connected to the state of ‚what comes after apathy?‘.

Mit der freundlichen Unterstützung der Kulturabteilung der Stadt Wien

In these works Révész deals with the apathy and the loss of hope in the contemporary attitude towards the current problems in Hungary. Révész offers two series: The animated series, which contains six videos, made in 2010-13, focusing on the escapism from the present. These animation études are built on the movement of light in a retrograde, experimental strategy using analogue light stencils. The other set contains five non-animated videos made in 2011-13, and are more connected to the state of ‚what comes after apathy?‘.

Über die Arbeiten von László László Révész
Dr. Christian Zillner

In seinen neuen Videoarbeiten setzt der Maler László László Révész Tafelbilder in Bewegung, um uns eine Ahnung von dem zu vermitteln, was wir gern vor uns verbergen möchten László László Révész ist Maler. Gewöhnlich stellt man sich einen solchen mit einem Pinsel als Werkzeug vor – und das trifft ja bei Révész auch zu. Seine Bilder scheinen wie aus einer anderen Zeit, aus einer anderen Wahrnehmungsweise in unsere gegenwärtige Welt zu ragen – man beobachtet dabei ihre Motive wie durch den Schleier einer letzten Lasur oder Firnis. Sie lassen sich als Geschichten deuten, allerdings solche, denen man nur eine gewissen Strecke weit (in die Vergangenheit) folgen will – so wie man ja Hänsel und Gretel in den Wald auch nur bis zum Lebkuchenhaus folgen, aber auf keinen Fall mit hineingehen möchte. Denn da spielt sich irgendetwas Finsteres ab, eine Geschichte, die nie wirklich ans Licht gebracht wurde, ein grausiges Ereignis.

Wie gesagt, Révész ist Maler, und das fällt auch sofort auf, wenn man seine neuen Videos wie „Someone is holding my nose“, „Polymix“ „Cythera“, Ego“, „Martyrologium“ oder andere betrachtet. In diesen geraten Tafelbilder in Bewegung. Dabei kann ein Weinglas, halbvoll mit Wasser, über einem Meer schweben, wo am Horizont ein Dampfer zu sehen ist. In Meer und Glas ist das Wasser in Bewegung – und schon wirft die Assoziationsmaschine im Betrachter eine Geschichte an: Der Dampfer schaukelt sachte auf dem Meer und am Tisch an Deck schlägt das Wasser im Glas Wellen – allerding merklich mehr, als bei diesem Seegang zu erwarten wäre. Woher stammt also diese Bewegung? Stiftet da irgendein Meeresgott Aufruhr unter dem Glas?

Ich denke, es wäre falsch bei Révész‘ Videos von Kurzfilmen zu sprechen, denn sie entziehen sich filmischer Logik, zeigen nicht Bewegung, um der Bewegung willen, und versuchen auch nicht mit bewegten Bildern eine Geschichte zu erzählen. So blickt man bei „Ego“ auf ein Standbild einer italienischen Straßenszene, in dem blitzartig Fragmente vom Gesicht des Künstlers auftauchen und wieder verschwinden. Als würden Löcher in eine bemalte Leinwand gebrannt, die eine andere Wirklichkeit dahinter zum Vorschein bringen. Was auf den ersten Blick völlig überschaubar, ja eindeutig, wirkt, erfährt eine Irritation, die irgendwie aus dem Bild selbst zu kommen scheint. Man hat alles im Blick, man weiß über alles Bescheid, und dann lösen ein paar kurze, irritierende Momente alle Selbstsicherheit auf. Ist das der Einbruch der Geschichte in Alltag und Gegenwart?

Das verstörendste dieser bewegten Tafelbilder trägt den Titel „Martyrologium“. Es ist schon eine Zeit her, da man Märtyrer als lohnendes bildnerisches Motiv für die „hohe“ Kunst betrachtet hat (als Kitschfiguren sind sie ja beliebt und werden bis heute produziert). Im Mittelalter war die Legenda Aurea, ein Kompendium an Heiligen- und Märtyrerlegenden, das nach der Bibel am häufigsten genutzte (wozu auch immer) Buch und Märtyrer wurden an passenden Orten wie Sakralbauten mit ihren Marterwerkzeugen dargestellt. Der bekannteste von allen ist wohl der Heilige Sebastian, eine Ikone schwülstiger Heiligenverehrung, sehr ästhetisch, ja erotisch dargestellt, verglichen jedenfalls mit einer Grausligkeit, wie jenem riesigen Ölgemälde im Kunsthistorischen Museum in Wien, wo einem Heiligen die Gedärme aus dem Leib geschnitten und auf einer Spindel aufgewickelt werden.

Statt der Wundmale eines Heiligen Sebastian zeigt Révész in seinen bewegten Tafelbildern (oder sind es zeitgemäße Formen von Seitenaltarblättern?) die Zeichen des Martyriums auf den Leibern der Heiligen. Am leichtesten läßt sich das „Andreaskreuz“ des Heiligen Andreas
erkennen. Bei den anderen will man lieber nicht so genau wissen, was da damals angestellt wurde. Diese Videos zeigen Zeichen (Marterwerkzeuge) auf Zeichen (Körper) auf Zeichen (wechselnder Vorder- und Hintergrund) wie in einem Spiegelkabinett des Schreckens. Trotzdem haben sie nichts mit der Ästhetik von Horror- oder Splatter-Movies gemein. Eher schon mit der Ästhetik jener frühen Stummfilme, die ihre Vorläufer in Malerei und Schattenspiel noch spüren lassen.

Der Schatten ist immer die Projektion des Todes. Was den Märtyrern da über den Körper läuft, wird letztlich keinem von uns erspart: der Tod – eine bizarre Bewegung außerhalb von uns und doch auf unseren Körpern, die uns letztlich auslöscht. Der Schmerz darüber zuckt durch Révész‘ Videos wie die blitzartigen Gedanken an den Tod, die uns mitten im Alltag dann und wann überfallen. Hinter dem Tod aber beginnen Geschichten, und von denn vermittelt uns das Werk Révész eine Ahnung. Wir wissen nichts darüber, möchten wir uns einreden, aber der Künstler zeigt uns in diesen Videos doch, was wir vor uns selbst zu verbergen suchen.

 

Animation, 2010-2013, à 7 min

Villa near Venice
near the beach a playboy and his longtime enemy gets to a conflict, which finally get solved

One
is a poetic story of separated vision of a man reading a comic strip while using microwave owen

Stress City
In this video a city is controlled by a small group of people via a machine, which is able to create stress.

sOaPERA
is the escape story of Conchita, the South American girl, to Hungary

Shadowplay
using the original drawings of Géza Csáth, this work creates an alternative, ‘happy’ life for the a controversial Hungarian artist, doctor and writer of the turning of the XIX – XX century

Martyrologium
is showing the twelve symbols of Christian martyrs in order to reflect on aspects of the new-conservative
thinking

 

VIDEO SERIE 2 (2012, à 7 min)

One wall two side
a recitativo about decision making

Cythera
a passenger on a luxurious cruiser has one problem. There are too many sommeliers on board

Someone is holding my nose
from his childhood there were always some people who tied him up by holding his nose. His thought influenced by his mother came to the conclusion he should jump on the top of the social ladder to get lift controls

Polmix
is a ballad of the post-political condition and misunderstanding between conventional and non-conventional people

Ego
is about the freedom of spending long days in a sidewalk cafe

 

 

László László Révész talks at MUSA, Vienna :
GapStories Cythera
GapStories Polmix
GapStories ego
László László Révész

ist bildender Künstler, Performer und Filmemacher aus Budapest, wo er 1957 geboren wurde.
Er studierte Malerei und Animationsfilm und erlangte das Doktorat der Geisteswissenschaften an der Ungarischen Universität für bildende Künste und der Moholy-Nagy Universität für bildende Kunst und Design. Seine Berufserfahrung umspannt verschiedenste Bereiche und Institutionen, wie das Pannonia Film Studio, das ungarische Fernsehen, Vox Television und das Ungarisches Kulturinstitut New York. Gegenwärtig ist er Assistenzprofessor an der Ungarischen Universität der Bildenden Künste. Seine letzten Ausstellungen fanden im Museum Ludwig Budapest (Minden Mozi) statt, sowie im Palazzo delle Arti (The Giving Person), Neapel (I) und im Palais Esterhazy, (Central Europe Revisited II), Eisenstadt (A).

Maja und Reuben Fowkes

sind KuratorInnen und KunsthistorikerInnen des Translocal Instituts für zeitgenössische Kunst in London und Budapest. Ihr Schwerpunkt konzentriet sich auf Theorie und Ästhetik der Osteuropäischen Kunst von der sozialistischen Ära bis zur zeitgenössischen Kunstproduktion
im Rahmen der Globalisierung. Sie sind Mitglieder von IKT (International Association of Curators of Contemporary Art) und von AICA (International Association of Art Critics). 2010 wurden sie mit dem Igor Zabel Preis für Kultur und Theorie ausgezeichnet.