Beatriz von Eidlitz, München,
im Gespräch mit Eberhard Falcke
Beatriz v. Eidlitz born in Buenos Aires, Argentina. 1977-79 Studies of painting and sculpture, Art Academy Buenos Aires. 1979-85 Study design and painting, Art Academy Munich. 1985 Diploma; 1985-88 Collaboration in the building of the paper mill in Bad Großpertholz, Austria; 1991-97 Studio residency, city of Munich; Numerous workshop directions in paper making and printing.
Eberhard Falcke: Beatriz, du machst sehr ungewöhnliche Bildobjekte in einer Technik, die man als Betrachter zunächst gar nicht so leicht einordnen kann. Wie verstehst du dich? Bist du Malerin?
Beatriz von Eidlitz: Nein, als Malerin sehe ich mich nicht. Ich denke nicht wie ein Maler. Ich bearbeite Oberflächen und meine Herangehensweise kommt eher aus der Bildhauerei. Ich benutze aber den traditionellen Raum eines Malers: die Fläche. Und ich arbeite mit seinem traditionellen Werkstoff: der Farbe. Was vielleicht erst mal für die Betrachter irreführend sein kann. Ich komme aus der Bildhauerei und sehe mich als jemand, der mit Fläche, Farbe, Form und Struktur Objekte in den Raum stellt.
Deine Arbeitstechnik ist sehr ungewöhnlich, als Materialien spielen dabei Papier, Eisen und Pigmente eine zentrale Rolle. Wie ist das entstanden?
Das war ein Zufall. Ich habe das Papiermachen zufällig kennen gelernt, weil ich einen Prägedruck machen wollte. Der war sehr bizarr aus Materialien und Fundstücken angelegt, bei denen das gekaufte Papier während des Prägevorgangs immer zerrissen ist. Also bin ich an der Akademie, wo ich in München studiert habe, in die Papierwerkstatt gegangen und habe angefangen, das Papier für diesen Prägedruck selber herzustellen. Seither bin ich nicht mehr rausgekommen aus der Auseinandersetzung mit dem Papier. Und da sind wir schon bei dem was ich mache: Prägedruck mit Materialien. Ich arbeite immer mit Materialien, mit Fundstücken oder mittlerweile auch mit Formen, die ich selber entwerfe. Eisen ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeit geworden. Es hat mich überhaupt immer begleitet. Schon als ich skulpturale Objekte gemacht habe, diente das Eisen als tragende Struktur.
Du hast auch freistehende Objekte aus Papier gemacht, Skulpturen?
Ja, ich habe Skulpturen aus Papier gemacht, freistehende Objekte. Dann gab es eine lange Phase mit großformatigen Arbeiten, ausschließlich auf Papier, mit Relief und auf Oxydation basierenden Farbabstufungen von Weiß bis Schwarz. Später fing ich an, direkt auf großen und kleinen Eisenplatten mit Farbpigmenten Bilder anzulegen, ich streue das Pigment direkt auf Eisenplatten und schöpfe dann das Papier da drauf. Durch die Oxydation der Eisenplatte beim Trocknen haftet das pure Pigment sowohl auf der Eisenplatte als auch auf dem Papier. Danach wird das außerdem noch fixiert. So liegt das Pigment offen da, es ist nicht gebunden wie in Malfarben und das ergibt völlig eigene Oberflächenstrukturen auf dem Papier und auf dem Eisen. Im Moment arbeite ich mit sehr kleinen Formaten, die Formen ähneln Makroaufnahmen von Ornamenten und Mustern. Diese kleinen Formate setze ich ein als Module.
Was heißt Module?
Das sind kleine Bildobjekte, die auf der Wand zu größeren Kombinationen zusammenstellt werden. Da kann auch jeder selber eigene Kompositionen zusammensetzen. Man kann etwa eine Linie bilden, wie „Hold the Line“, eine Arbeit, die ich gemacht habe. Man kann kombinieren, nicht nur mit kleinen Arbeiten sondern auch mit großen. Mit diesen Modulen gestalte ich auch ganze Räume. Der Raum wird so zum Bildraum, der gesamte Raum wird zum Bild.
Kann man das Environment nennen?
Nicht unbedingt, mein Ansatz ist etwas anders.
Wo hast du diese Technik her, solche Bildobjekte zu produzieren?
Das habe ich entwickelt, es ist meine eigene Erfindung. Durch diese lange Auseinandersetzung mit dem Papier entwickelt sich eine Sache nach der anderen. Und das ist noch lange nicht vorbei.
Hinsichtlich der technischen Entwicklung oder der Formfindung?
In beiderlei Hinsicht. Im Moment würde ich gerne Räume pigmentieren, auf diese Weise große Bilder machen, aus reinstem Pigment, auf dem Fußboden oder auf Platten… Das Pigment hat ja nochmal eine völlig andere Lichtbrechung, wenn es sich frei im Raum ausbreitet, die Farbe strahlt total, die Lichtbrechung bei Ölmalerei zum Beispiel ist ganz anders.
Du bist in Buenos Aires geboren, hast dort einen Teil deiner künstlerischen Ausbildung absolviert und danach in München an der Akademie Kunst studiert. Kannst du etwas über die Erfahrungen sagen, die du noch in Argentinien gemacht hast?
Ich habe zwei Jahre in Buenos Aires studiert und die fielen mitten in die Ära der Militärdiktatur. Es gibt da zwei Haupt-Erfahrungen, die mir im Moment dazu einfallen. Das eine war unsere Neugierde und Wissbegier. Das war eine Zeit, in der Zensur herrschte und Desinformation betrieben wurde, und das versuchten wir zu umgehen, indem wir nach den von der Zensur verbotenen Büchern suchten und nach Möglichkeiten, uns außerhalb der Schule weiterzubilden. Das andere war der Erfindungsgeist, der durch den Mangel an Materialien entstand.
Nun sind wir hier beim LOD-Symposium in Gizycko. Man kann dich in der Festung Boyen beoachten, wie du auf der Wiese mit deinen Schülern geheimnisvollen Tätigkeiten nachgehst. Was unterrichtest du hier?
Ich unterrichte hier experimentelle Papierkunst und experimentelle Drucktechniken.
Es gibt eine weite Spanne von Kunstrichtungen und Techniken, die hier praktiziert und unterrichtet werden. Welche Erfahrungen hast Du mit dieser Vielfalt gemacht? Ist das anregend für deine eigene Arbeit?
Das kann ich jetzt noch nicht beantworten. Das wird sich allmählich zeigen, wenn alles vorbei ist, wenn sich die vielen Eindrücke gesetzt haben. Ich bin schon gespannt darauf.