Hannes Glaser, Wien,
im Gespräch mit Eberhard Falcke
Hannes Glaser lives and works in Vienna. In his art he combines several techniques, from painting to experimental photographical techniques. A true and dedicated international spirit, he has been travelling the world extensively. He is directing workshops at the summer symposium since the very beginning.
Eberhard Falcke: Man sieht dich, Hannes, während des Symposiums stets eilig unterwegs mit den verschiedensten Gerätschaften, von der Videokamera bis zum Schnitzmesser, mit dem du auch jetzt gerade ein kleines Stück Holz bearbeitest. Man liest Deine Biographie und die umfasst viele Qualifikationen und Aktivitäten an Hochschulen, Akademien, genauso wie auf Reisen in aller Welt. Das sieht nach einem echten Multi- und Permanenzkünstler aus. Was sind deine zentralen Betätigungsfelder?
Hannes Glaser: Ich habe ein Farbengefühl und ich habe ein Kompositionsgefühl, aber ich würde mich nicht als Maler bezeichnen. Ich würde eher sagen, ich spiele mich mit Techniken. Wo es manchmal schwierig wird, mit Foto eine Malerei, beziehungsweise etwas Graphisches einzubringen, entsteht ein bestimmtes Spannungsverhältnis. Und da ich offensichtlich mein ganzes Leben immer mit solchen Gegensätzen arbeite, die in mir selber sind, macht sich das auch in der Kunst bemerkbar.
Das heißt, du sprichst von der Überlagerung von Photographie und Malerei?
Hannes Glaser: Ja, auch. Eigentlich von der Mehrfachbelichtung. Ich habe sehr viel Druckgraphik gemacht, meistens Mehrfarbendrucke, und da wird jede Farbe mit einer anderen Platte gedruckt, genauso bei der Radierung. Da geht es dann um Überlagerungen und Mischungen von Farben. Das hat sich dann sicher in der Mehrfachbelichtung niedergeschlagen. Aber die Mehrfachbelichtung setze ich eigentlich nicht mehr ein, außer ganz konkret. So wie jetzt konzeptionell bei diesen Photos, wo ich nur die Schrift „Porträt“ draufgegeben habe. Die Mehrfachbelichtung kann ja ins Endlose gehen, ich halte mich aber gerne an den Strukturen fest. Ich hatte mir zwar vorgenommen hier Leinwände aufzustellen und frei zu arbeiten, aber dadurch, dass ich dieses Form- und Farbgefühl einfach habe, geht das ins Endlose. Da ist kein Widerstand. Wenn ich mich dagegen mit Techniken auseinandersetze, die ich zu verbinden versuche, dann finde ich darin eine Herausforderung. Das sind immer Kurzserien, zehn fünfzehn Stück meistens und dann gehts wieder weiter. Schablonen spielen dabei eine ziemlich große Rolle. Das ist wie das Schnitzen, das ich nur auf Reisen mache. Wenn ich eine Schablone schneide – im Papier ist ja auch Holz drin -, dann ist das sehr meditativ, da schneide ich sehr feine Sachen, die sind fast schon realistisch, nach der Vorlage von Fotos, die ich gemacht habe. Ich versuche bei meinen Sachen auch immer einen gewissen Witz hineinzubringen. Meine letzte Arbeit hieß „Frisch gestrichen“. Da habe ich einen Frauenkopf aus einem alten Friseurheft verwendet, und diese Frauen sind ja immer schön hergerichtet. Die haben jetzt alle im Gesicht einen Farbfahrer. Das ist die eine Hälfte des Bildes. Auf der anderen Hälte steht farblich damit abgestimmt die Schrift „Frisch gestrichen“. Wenn das Gesicht nicht dabei wäre, könnte man es fast als abstrakt bezeichnen, aufgebaut auf Farbe und Komposition. Unter anderem habe ich auf der Reichsbrücke in Wien – da wurde gerade frisch gestrichen – fünfmal hingesprüht „Frisch gestrichen“ und daraus ist auch eine Bildserie geworden. Die nächste Serie hieß „Komme gleich“, wo ich mit diesem Schild Portale fotografiert habe und andere Locations, wo tatsächlich gar niemand kommt. Ich habe das Schild „Komme gleich“ auch auf ein Polizeiauto gehängt und auf die Klinke einer Polizeiwachstube. Ich nehme sehr gerne Text rein, solche Sprüche wie „Bitte warten“, „Bitte nicht aus dem Fenster lehnen“. Ich würde das sehr gerne auch mit einer erotischen Komponente verbinden, aber das darf nicht allzu banal werden oder offensichtlich.
Nun wurden hier in deinem Workshop ganz unterschiedliche Sachen gemacht, Porträt, Doppelbelichtungen und Konzepte im öffentlichen Raum.
Hannes Glaser: Ich wollte vor allem inszenierte Photographie machen, bei der die Leute sich zusammentun und einen Ort finden, wo sie sich inszenieren. Aber diesmal wollten die meisten Porträt machen und viele haben sich für Doppelbelichtung interessiert. Anfangs hatten wir ein Gespräch, wie wir Sachen machen könnten, die irgendwie einfließen in den Ort. Da war die Idee das Wort „Porträt“ mit Schablone auf den Weg in die Stadt zu sprühen. Das sollte dann, wie wenn man einen Stein ins Wasser wirft, Kreise ziehen, Wirkungen hervorrufen. Was kann daraus entstehen? Das haben wir nicht realisiert. Aber ich habe diese Idee dann in das Video eingebracht, das ich jetzt gemacht habe. Ich arbeite also mit vorhandenen Materialien, genauso in meinem Leben. Das was da ist, damit kann ich was machen, so wie mit diesem Holz. Es ist nicht so, dass ich das suche, sondern wenn es da ist, wenn es mir gefällt, dann passiert eben etwas damit.
Du hast ja schon viele Symposien der KulturAXE mitgemacht. Ist das hier in Gizycko ein Ort, der dir zusagt, diese zwei Welten, einerseits die Festung, andererseits der bunte Ferienort da draußen am See?
Hannes Glaser: Mir sagt das hier schon zu. Einfach klassisch von den Locations her, das bietet fürs Photographieren reichhaltige Möglichkeiten. Bezogen auf die Arbeit und die Inspiration ist das ein Platz, an dem wirklich viel passieren kann. Es gibt viel Raum und man kann sich in der Natur ergehen. Man hat viele Möglichkeiten auch auszuweichen, falls etwas zu dicht wird, das finde ich wichtig, wenn man mal Ruhe braucht.
Welche Veränderungen hast du im Lauf der Zeit in der Entwicklung der Symposien beobachtet?
Hannes Glaser: Ganz am Anfang hat das Aktzeichnen den Vorrang gehabt und nebendran waren die freien Medien als die andere Klasse. Da gab es immer eine Kluft: hier die blöden Maler, da die depperten freien Medien. Dann waren die Malerei und die Medien fast ausgewogen, es gab keine Eifersucht, beide haben sich als gleichwertig empfunden. Diesmal habe ich das Gefühl, nachdem ich mit Leuten gesprochen habe, dass diese Präsentationen mit den Medien ein Übergewicht bekommen haben. Da kommen alle zusammen, während die Malerei und die Aktzeichnung eher so im Vorbeigehen konsumiert werden. Früher standen die Malerei und das Aktzeichnen im Vordergrund und jetzt ist es umgekehrt.