Jan Fekete, Wien-Bratislava,
im Gespräch mit Eberhard Falcke

Jan Fekete, Dozent an der Akademie der bildenden und angewandten Künste, Bratislava, lebt und arbeitet in Wien und Bratislava.

Eberhard Falcke: Jan, du machst Malerei, Zeichnung und arbeitest auch mit digitalen Bildern. Wie hat sich das entwickelt?
Jan Fekete: Zum Digitalen bin ich vor neun Jahren gekommen. Meine Frau Caro hat einen Computer gekauft, und ich war sehr dagegen, damit zu arbeiten. Ein Jahr habe ich zugeschaut, dann war ich doch neugierig. Ich hatte keine Ahnung, dass ich einmal etwas damit machen würde. Mein technisches Interesse hat mich dazu gebracht. Ich habe mir ein eigenes Projekt vorgenommen, einen 3D-Scanner zu bauen. Damit habe ich drei, vier Jahre verbracht. Schließlich ist es mir gelungen, einen Laser-Scanner zu bauen, auf den Knien, mit allen Hilfsmitteln und ich habe meine ersten 3D-Scans von Gesichtern gemacht. Daraus wurden dann eine Reihe von Ausstellungen in der Slowakei und in Österreich. Der erste Impuls war das Technische, daraus ist dann ein künstlerisches Mittel entstanden. Jetzt arbeite ich gerne mit dem Computer. Ich habe ein Verfahren entwickelt, wie ich ein Bild zuerst im Computer gestalte und es dann auf Leinwand übertrage. So wird das Digitale mit der Handarbeit konfrontiert. Das sind die Experimente, die ich im Moment mache.

Das ist eine interessante Erfahrung: mit den gleichen bildnerischen Ideen in verschiedenen Medien zu arbeiten.
Auf jeden Fall! Es gibt viele Widersprüche. Aber wenn man die richtigen Fäden zusammenführt, dann kann es fantastisch sein.

Ich kenne abstrakte Arbeiten von dir, mit ungewöhnlichen Materialien, du hast auf Holz gemalt ….
Das waren in den 80er Jahren 3D-Objekte, also Wandobjekte, eigentlich Malerei im Raum. Es war immer mein Traum, mich von der Zweidimensionalität zu befreien. Diese Objekte, die ich damals gemacht habe, waren eigentlich Malerei im Raum, plastische Malerei, und so sollte man das auch verstehen… Schließlich hat sich damit der Eindruck verstärkt, dass es allein um Malerei geht, darum, das Ritual des Malens zu visualisieren.

Nun vermittelst du hier deinen Studenten das Ritual des Malens tagtäglich, wenn ihr in den ungewöhnlichen Räumen der Festung von Gizycko Akt malt und zeichnet.
Nun, bis zur freien Malerei kommen wir dabei noch nicht. Meine Aufgabe hier ist der Unterricht im figurativen Zeichnen und Malen nach der Vorlage, das muss nicht Akt sein. Es geht darum, dass man lernt, das Visuelle zu transformieren, zu abstrahieren und zu äußern, bildnerisch zu gestalten auf Papier, auf der Fläche. Das muss man lernen, das ist überhaupt die Voraussetzung. Wir setzen uns mit den klassischen Anfängen auseinander: Was steckt in diesem Prozess der Übertragung vom Visuellen aufs Papier? Welche Problematiken treten dabei auf? Wenn die Studenten Klarheit darüber gewinnen und das von hier mitnehmen, dann ist es wunderbar.

Es sind beim Sommersymposium „Landscapes of Desire“ wieder viele Nationalitäten vertreten. Du kommst aus der Slowakei und lebst in Österreich. Welche Erfahrungen hast du mit der Kunst in der Slowakei gemacht?
Nach der Grenzöffnung bin ich in die Slowakei zurückgegangen weil sich gezeigt hat, dass daran Interesse bestand. Man wollte, dass ich komme, um meine Erfahrungen an den ausländischen Hochschulen, wo ich die Ausbildung gemacht habe, weiterzugeben. Ich habe dieses Angebot bekommen, es mir eine Zeit lang überlegt, und meine Frau hat mich darin bestärkt, es anzunehmen, wenn sie mich brauchen. Was habe ich bei meiner Rückkehr gesehen? Dass die Kunst in der Slowakei genauso entwickelt war, wie im Westen. Die waren auch schon in der Phase der Postmoderne, die hatten auch schon Performance und Aktionismus hinter sich. Vielleicht war ich manchmal enttäuscht, weil das oft nur Kataloginspiration war, abgeschaut von westlichen Katalogen. Die Frage, ob es slowakische Kunst gab, würde ich nicht so einfach bejahen. Die slowakische Naterionalgalerie hat zwar einige Auslandsausstellungen unter dem Titel „Slowakische Kunst“ veranstaltet. Die haben dann aber eher Enttäuschung hervorgerufen. Die westlichen Sammler haben etwas anderes erwartet, etwas, was man noch nicht kannte, etwas mit einer tiefen Bindung an die Slowakei. Das gab es nicht. Ich spreche nicht über die Qualität der Sachen, doch man hatte sich auch dort schon international orientieren können, die Barriere war eben doch nicht so hoch gewesen.

Wo siehst du dich verortet, womit fühlst du dich verbunden? Siehst du dich im Kontext der slowakischen Kunst?
In den ersten drei Jahren, als ich in Deutschland gelebt habe, in der Bielefelder Gegend, da war ich eindeutig der slowakische Künstler. Die haben mich sogar in die Kunstvereine reingenommen obwohl ich nicht einmal ein fertiges Studium hatte. Die haben mir als slowakischem Künstler die Türen geöffnet. Das ging dann so weiter. Auch als ich nach München kam, war ich der slowakische Künstler. Mein deutscher Pass hat in der Kunst niemanden interessiert. In Wien war’s genauso. Die Bezeichnung slowakischer Künstler hing mir immer an, nie hat jemand aus mir einen österreichischen Künstler machen wollen. Das Problem hat sich dann natürlich gelöst als ich in die Slowakei zurückkam.

Hast du diese Zuschreibung als Schwierigkeit empfunden?
Die Schwierigkeiten hingen dann eher mit der Kunstrichtung zusammen. Denn die waren in der Slowakei mit ihren künstlerischen Anstrengungen fieberhaft in der Postmodere vergraben, auch in die ganze Theorie drumherum. Da kam ich dann mit dem Abstrakten hinein. Das hat sicher ein bißchen Misstrauen hervorgerufen. Es war dann keine leichte Arbeit, abstrakte Künstler auszugraben, die in der Slowakei lebten, weil die Postmodernen so stark waren, dass es für die anderen kaum Interesse gab. Mit meiner Rückkehr in die Slowakei in den 80er Jahren kam die abstrakte Kunst zurück. So ist es auch in der Kunstgeschichte verzeichnet.

Du hat die Sommersymposien von Anfang an mitgemacht, du bist zum 14. Mal dabei. Welche Entwicklungen und Veränderungen sind dir aufgefallen? Wie war das damals nach der Grenzöffnung, und wie ist es heute, da wir inzwischen alle gewöhnt sind, in einer größeren Welt zu leben?
Die ersten sechs oder sieben Male fanden in der Slowakei statt. Und das Interessanteste, was ich im Rückblick feststellen kann, das war die Bedeutung der Sommerakademie für die Medienkunst in der Slowakei Anfang der neunziger Jahre. Das gab es zu dieser Zeit dort überhaupt nicht, die Künstler haben sich mit Medienkunst noch gar nicht beschäftigt. Unsere Sommerakademie dagegen konnte österreichische Medienkünstler einladen, unter anderem aus dem Umkreis von Peter Weibel. Und diese Workshops wurden von der slowakischen Szene sehr stark beachtet. Mit etwas Stolz würde ich sogar sagen, dass wir damit die Auseinandersetzung mit der Medienkunst in der Slowakei ausgelöst haben. Außerdem haben wir immer versucht, solche slowakischen Künstler einzubeziehen, die zuvor nicht das Glück hatten, ins Ausland reisen zu können. Sie konnten auf diese Weise gute Verbindungen knüpfen und viele haben dann auf Einladung von österreichischen oder deutschen Kollegen ausgestellt. Das war in dieser Zeit enorm wichtig. Und das hat sich nicht geändert, nur dass man jetzt leichter reisen kann, es gibt auch etwas Geld und inzwischen haben wir die Europäische Union. Am Anfang aber kam man über uns raus, das war sehr wichtig. Wenn ich heute hier in Polen mit meinen Studenten arbeite, und wenn ich zuschaue, wie sie sich nach der wirklich fleißigen Arbeit treffen und kommunizieren, sich gegenseitig abchecken und beobachten, die Studenten aus Ungarn aus Polen, der Tschechei, Slowakei, aus allen Ländern, die wir da haben, dann freut mich das sehr, dass das zustande kommt, was die Caro Kommunikationsplattform nennt. Wir sehen, dass das einen Sinn hat, da erhalten die jungen Menschen ein Sprungbrett in die Realität, zu Ausstellungen, und darum geht es ja nicht zuletzt.

Stano Buban, Hasta La Muerte