Jerzy Kucia, Krakau,
im Gespräch mit Eberhard Falcke

Jerzy Kucia (b.1942) was trained as a painter and graphic artist at the Cracow Academy of Fine Arts, where he is currently professor and the Head of the Animation department. Guest lectures in Vancouver, London, Münster, Ljubljana and Bombay. 1985-2000 member of board of directors ASIFA (Assoc. Int. du Film d’Animation), 94-97 Vice-President of ASIFA. Numerous national and international awards.

Eberhard Falcke: Jerzy Kucia, Sie gehören seit Jahrzehnten zu den bedeutendsten Vertretern des Animationsfilms, Sie kennen alle Entwicklungen genau. Was hat sich für den Animationsfilm durch die Ausbreitung der neuen Medien und der damit verbundenen neuen Techniken verändert?
Jerzy Kucia: Das Wichtigste ist in meinen Augen weniger die Technik als die ästhetischen Möglichkeiten, die Komödie, und ich hoffe wir werden noch sehr gute Filme zu sehen bekommen. Natürlich haben sich die Zeiten geändert. Als ich anfing, vor 35 Jahren, waren die Bedingungen völlig anders, besonders die politischen. Aber vor drei Wochen sah ich alte Filme, eine große Retrospektive polnischer Animationsfilme. Und sie waren absolut nicht gealtert. Künstlerisch gute Filme bewahren ihre Qualitäten genauso wie gute Gemälde. Rembrandt ist alt, aber trotzdem nicht veraltet.

Aber es gibt doch sicher Veränderungen bei den Themen, den Stimmungen, den Geschichten, die erzählt werden?
Was sich geändert hat, ist der Stil zu sprechen, die Art der Kommunikation zwischen den Leuten, die Beziehung zwischen den Filmemachern und den Betrachtern. Das hat sich geändert. Doch ich glaube, wichtiger als die Zeit ist die starke Künstlerpersönlichkeit, genauso wie bei einem Maler. Die Persönlichkeit ist nicht von historischen Veränderungen abhängig. Was an Veränderungen geschieht, das betrachte ich vor allem als neue Entwicklungsschritte.

Welches sind Ihre bevorzugten Techniken?
Für mich ist die Technik ist nicht wichtig. Ich mag es nicht wenn der Betrachter auf der Leinwand die Technik erkennt, die angewendet wurde. Ich bevorzuge einfache Techniken, und die zu finden ist immer schwierig. Ich kombiniere Techniken, ich arbeite mit klassischen Mitteln, mit Animation durch Licht, ich habe Laserlicht benutzt, bemaltes Glas. Ich kombiniere immer verschiedene Techniken. Mir ist die Bedeutung wichtig, nicht die Technik.

Denken Sie, dass die neuen Medien mit ihren zahllosen Möglichkeiten für den Animationsfilm zum Problem werden könnten?
Ich sehe, dass der Animationsfilm wächst, er entwickelt sich ständig. Es gibt viele Filmemacher, viel Bewegung. Aber ein großes Problem besteht darin, dass Festivals, die ja immer ein Motor für die Kunst sind, oft nicht genügend auf die Qualität achten. Jedes Jahr gibt es mehr Filme, aber die Qualität auf den Festivals ist nicht besonders gut. Ein anderes Problem ist, dass es in manchen Ländern kein Geld gibt, um gute Filme zu produzieren. Animation ist sehr teuer und ohne Budget kann man fast nichts machen. Es läuft da etwas falsch. TV-Stationen senden ungeheuer viel, aber sie bezahlen nicht genug für die Vorführrechte. Darum gibt es nicht genug Geld für Produktionen.

Was haben Sie hier bei der LOD-Sommerakademie für Erfahrungen gemacht?
Besonders interessant ist für mich die Situation, dass ich der einzige bin, der Animation macht. Ich habe viel Erfahrung als Workshopleiter. Doch hier ist für mich neu, dass es auch all diese anderen Künstler gibt, die Malerei, Installationen, Performance und anderes unterrichten. Interessant finde ich die großen Unterschiede in der Gemeinschaft mit diesen vielen verschiedenen Arbeitsweisen. Und auch die Teilnehmer bringen so viele, ganz verschiedene Voraussetzungen mit.

Es gibt hier ja auch Videofilmer. Wo sehen Sie da die Unterschiede oder Verwandtschaften hinsichtlich des Animationsfims?
Es gibt keine Grenze zwischen diesen Gattungen. Auch bei Spielfilmen wird heute viel mit dem Computer gemacht. Alle Filme sind animiert, Animationsfilme sozusagen. Früher hatten wir die klassische Trennung zwischen Spielfilm, Dokumentarfilm und Animationsfilm. Heute vermischt sich das. Für die Filmkünstler ist das kein Problem. Beim der Berlinale gab es einen wichtigen Preis für einen Animationsfilm aus Japan. Es ist in Ordnung, dass man zwischen den Techniken nicht mehr diese strikten Unterschiede macht.

Sie sehen keine Konkurrenz zwischen Video und Animation?
Nein. Gute Künstler, gleich ob hier oder da, sind immer gut, schlechte sind immer schlecht.

Wie steht es um die Situation für den Animationsfilm in Polen?
Wir hatten eine sehr große Krise in den letzten zehn, fünfzehn Jahren, nach dem politischen Wandel. Erstens gehörten die Animationsfilm-Studios früher der Regierung, und nach dem politischen Wechsel wurden die Filmemacher aus den Studios rausgeschmissen, sie hatten keine Ausrüstung mehr, kein Budget, sie konnten nicht arbeiten. Das zweite Problem war, dass wir nicht genügend Geld für Produktionen hatten. Wir hatten immer viele gute Filmemacher, doch aus diesem Grund verloren wir in den letzten fünfzehn Jahren zwei Generationen. Jetzt ist die Lage besser, weil der Kulturminister uns unterstützt und Geld gibt. Allmählich geht es wieder voran, wir hatten Gespräche mit dem Fernsehen, und ich denke, in den nächsten ein, zwei Jahren werden sich die Möglichkeiten, Filme zu machen, vermehren. Die Situation verbessert sich, wenn auch vielleicht noch nicht für alle.

Sehen Sie Vorteile durch die neue Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft?
Meinem Verständnis nach war ich immer ein Mitglied dieser Europäischen Gemeinschaft. Für mich ändert sich daher nichts. Vielleicht verbessern sich die Budgets. Was mich angeht, so war ich immer ein Mitglied der internationalen Gemeinschaft. Durch Treffen und Festivals kennen wir uns untereinander sehr gut, ich kenne alle Leute die zur Ge-meinschaft der Filmer gehören. Vielleicht wird es nun Probleme mit dem Export geben. Früher hatten wir das Problem, dass zuwenige Kopien gemacht oder die Filme aus politischen Gründen nicht gezeigt wurden. Aber das betraf weniger uns als den Spielfilm.

Stano Buban, Hasta La Muerte