László László Révész, Budapest,
im Gespräch mit Eberhard Falcke
László László Révész, born 1957 in Budapest. Studied at the Hungarian Academy of Fine Arts, Budapest, 1977-82, degree in Painting in 1982. Studied at the Hungarian Academy of Applied Arts, Budapest, 1983-85, degree in Animation Film in 1985. Lectures at the University of Arts and Crafts, Budapest. Several performances including 1985 Dawn, Documenta 8.
Eberhard Falcke: Mir hat die Arbeit deiner Studenten sehr gut gefallen. Ihr habt formal ganz minimalistische Videofilme gedreht, bei denen ihr ausschließlich durch ein gleichsam choregraphisches Zusammenspiel der Schauspieler wunderbare und amüsante Wirkungen erzielt. Wie hast du diese Art von Filmarbeit entwickelt, die sehr stark auf der Interaktion der Teilnehmer beruht?
László L. Révész: Ich wollte in Fällen wie diesem Sommersymposium immer Arbeiten machen, die den Teilnehmern und Studenten helfen, miteinander in Kontakt zu kommen, damit sie als Einzelne nicht isoliert bleiben, denn das haben sie ja sonst sowieso. Viele von ihnen sind in der Fotografie und Medienkunst tätig, sie arbeiten allein in ihren Ateliers, das Ergebnis ihrer Arbeit ist wichtig. Das heißt sie stehen in einer ständigen Konkurrenz, in einer Wettbewerbs-Atmosphäre, in der jeder auf sich gestellt ist. Andererseits müssen sie, besonders wenn sie, mit Video arbeiten, andere Leute lenken. Um aber das Regieführen zu begreifen ist es das beste, wenn man sich selbst der Regie aussetzt. Außerdem habe ich das, was wir gemacht haben, als Ketten-Spiel bezeichnet. Wie bei einer Zeichnung, die einer an einem Punkt unterbricht und dann setzt sie der nächste fort. Dadurch läßt der Druck nach, unbedingt ein Kustwerk zu produzieren. Man braucht sehr viel Freiheit und Freude um etwas zu produzieren. Und da wir in einer sehr konkurrenzbetonten Gesellschaft leben, die mit vielen Problemen kämpft, kann es nur gut sein, das aufzulockern.
Du kommst aus Ungarn, aus Budapest. Kannst Du etwas über die dortige Kunstszene sagen?
Natürlich, ich bin ein Künstler. Andererseits: Wenn du ein Künstler bist, musst du dich nicht notwendigerweise für Kunst interessieren… Doch ich habe über den Wettbewerbscharakter des heutigen Lebens gesprochen: Man muss aufpassen und beobachten was andere Künstler machen. Denn diese Welt ist sehr schwer zu verstehen, es gab so viele Veränderungen in kürzester Zeit. Da ist zum Beispiel die Globalisierung, aber wir wissen in vieler Hinsicht gar nichts darüber. Ich schätze die Dinge, die auf Freundlichkeit aufbauen, die auf Situationen basieren, auf Künstlern, Galerien, Ausstellungen oder einfach auf persönlicher Freundschaft. Ich glaube, das ist ein Weg – nicht der einzige, nicht immer. Im Moment aber ist das für mich sehr wichtig, denn ich sehe keine interessante Bewegung, keine Theorie. Alle kämpfen, das ist meine Erfahrung, wir alle lesen womöglich dieselben Bücher, wir wollen alle die Welt verstehen, es gibt eine Menge guten Willen. Dieser Aspekt interessiert mich persönlich ganz besonders. Auch die junge Szene ist interessant, wie immer, da geht es sehr viel um Straßenkunst und Straßenaktivitäten, um die kritische Auseinandersetzung mit sozialen Themen, weniger um Medien oder Ästhetik. Das ist eine sehr intelligente Weise, kritisch zu sein. Man merkt es besonders in Ungarn, dass die Verhältnisse nicht so leicht zu durchschauen sind, oder auch wenn man nach Serbien oder in die Slowakei geht. Fast, wie wenn man ein Magazin liest, so werden die Dinge auch in der Kunst thematisiert. Die, die ich Strassenkünstler nenne, die machen Sticker mit denen sie politische Fragen aufgreifen, die produzieren Metaphern und Komplexität. Ich sammle manche von den Sachen dieser jungen Leute, ich mag sie, mir gefällt diese Art. Das ist es, was mich interessiert, diese freundliche Szene, einige Maler, jüngere oder ältere, einige Bildhauer … Ich arbeite immer mit vielen Leuten zusammen, demnächst mache ich eine Ausstellung mit einigen von ihnen. Sie verkörpern einen Gegensatz, sie gehen hinaus, um die Welt zu verstehen. Verstehen ist keine Frage von Fakten und Auseinandersetzungen, sondern es hat damit zu tun, ob das Selbst seinen Platz im Universum findet, oder so. Das ist es.
Du machst eine sehr komplexe interessante Arbeit. In welchen Disziplinen bist du zuhause?
Ich studierte Malerei und Animationsfilm, später wurde ich Performer. Da habe ich alles benutzt, da war alles enthalten, eine Art von Multimedia-Performance mit den Techniken der 80er Jahre, mit Video, Live- und Non-live-Acts, Animation, Malerei … Es war eine Art von Collage eine auf Zitaten basierende Performance, es war immer komplex. Eine einzige Methode ist nie genug, eine einzige Philosophie ist nicht genug… Man kann sich nicht auf eine Disziplin beschränken, nicht als Künstler und nicht als Mensch. Das entspricht nicht unserer Welt, wie sie im Moment ist. Darum arbeite ich immer mit mehreren Medien. Ich mache demnächst eine Ausstellung mit Werken, die man über einen längeren Zeitraum beobachten kann, da spielen Video und Computer eine Rolle. Es gibt einen Ausgangspunkt von Bedeutungen und der ist umgeben von Bildern, bewegten und nicht-bewegten, dabei geht es immer um ein Thema. Ich habe mich in der letzten Zeit viel mit Tradition beschäftigt, mit unserem Verhältnis zur Integrität, zu Tradition, zur Geschichte, zu vergangenen Kulturen… Man muss sich die Dinge länger betrachten, wie eben ein Gemälde, und Video ist heutzutage wirklich eine der natürlichsten Kunstfor-men. Meine Malerei ist in einem sehr traditionellen Stil, im Stil des 19. Jahrhunderts. Sie sollen nicht zeitgemäß aussehen, auch wenn in vielen Fällen die Motiv aus der Gegenwart stammen. Gemälde sind wirklich nicht zeitgebunden. Man kann sagen, man mag etwas oder auch nicht, aber das hat nichts mit der Entstehungszeit zu tun. Ich mag Bilder aus der römischen Zeit vor 2000 Jahren, und es stört mich nicht, dass das alt ist, das ist allemal so komplex, wie ich mir das erwarte. Aber ich mag natürlich auch heutige Maler. Man muss sich nicht mit der eigenen Epoche identifizieren, am allerwenigsten heute. Man muss nicht einer bestimmten Bewegung oder Philosophie nachlaufen. Es gibt so viele Bewegungen so viele ganz verschieden Kulturen, die trotzdem im Austausch miteinander zusammenleben. Im Moment benutze ich dunkle Farben, die Farbtiefe. So wird das Bild fast klassisch. Viele Maler machen Bilder, die wie mit dem Computer gemacht sind. Das ist nicht meine Sache. Ich will wirklich zwei verschiede Aspekte der Zeit erfassen…
Du hast schon an mehreren Symposien teilgenommen. Welchen Eindruck hattest du in diesem Jahr, und was für Möglichkeiten kannst du dir für die Zukunft vorstellen?
Es hat mir Freude gemacht, wir haben gut gearbeitet, und ich konnte auch vieles lernen aus dem Zusammensein mit so verschiedenen Menschen, aus den zahlreichen Gesprächen. Es kam mir vor wie eine normale Form zu leben, so wie es sein sollte. Man mag ja nicht unbedingt die sehr guten Restaurants am liebsten, sondern die angenehmen, anheimelnden. Die gefallen mir. Das Problem ist, dass so etwas wirklich schwer zu finden ist. Wenn man finanzielle Unterstützung braucht, muss eine Sache für die Geldgeber immer groß aufgezogen werden, mit großen Namen und trendigen Ansagen. Hier hoffe ich, dass das so bleibt, diese Mischung, einige bekannte, einige weniger bekannte Namen und eine normale Art zu leben und zusammenzuwirken. So haben die Leute eine Chance, sich kennenzulernen. Ich hoffe das geht weiter so.