LANDSCAPES OF DESIRE in Gizycko
Dr. Eberhard Falcke, Kulturtheoretiker, München
Die Festung ist erobert. Wer in diesen Tagen die Feste Boyen besucht, kann ungewöhnliche Aktivitäten beobachten. Zwischen den mächtigen Mauern hat die Kunst die Herrschaft übernommen. Fotografen streifen durchs Gelände und unternehmen Exkursionen in die Stadt, Plein-Air-Maler suchen interessante Perspektiven, überraschende Objekte erweisen sich als künstlerische Installationen, Performer animieren das Publikum zur Partizipation, in den Festungsgebäuden finden Kurse für Aktmalerei, Papierkunst, freie Malerei und Zeichnung statt. In der Medienschule befasst man sich mit der Produktion von Animationsfilmen und Medienkunst.
Zum 14. Mal findet vom 11.7. bis zum 1.8.2004 das Internationale Kunstsymposium „Landscapes of Desire” statt. Nach Veranstaltungen in der Slowakei und Ungarn ist nun Gizycko zum zweiten Mal hintereinander der Schauplatz dieser grenzüberschreitenden Initiative. Teilnehmer sind Künstler, Studenten und Gäste aus Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Argentinien, Österreich, Deutschland, Südafrika, Frankreich und der Ukraine.
Veranstaltet werden die Symposien seit 14 Jahren von dem „Verein KulturAXE”, der sich der „transnational communication & artaction” widmet. Verantwortlich für das Konzept und die Gesamtleitung ist Caroline Fekete-Kaiser. Zur Realisierung der Symposien kooperiert die KulturAXE mit zahlreichen Institutionen in verschiedenen Ländern, in diesem Fall insbesondere mit der Wspolnota Mazurska, der „Fort Boyen Amateurs Society Administration”, der Stadt Giyzcko und dem hiesigen Private Higher Educational Institute (PWSZ). Ein wichtiger Sponsor der Veranstaltungen ist der „International Visegrad Fund”, dessen Ziel darin besteht, die Begegnung und Kommunikation zwischen Künstlern und Studenten aus Polen, der Tschechischen Republik, der Slowakei und Ungarn zu fördern.
Caroline Fekete-Kaiser ist der Kopf, das Herz und die Seele der KulturAXE. Als 1989 der Eiserne Vorhang fiel, entwickelte sie mit den anderen Mitgliedern der Initiative das Konzept für eine Plattform für künstlerische und kulturelle Interaktion. Am Anfang stand ein internationales Ausstellungsprojekt in der Slowakei. Aus dieser Zusammenarbeit entwickelte sich die Idee für ein regelmäßiges Symposium, bei dem besonders die Südosteuropäischen Länder einbezogen werden sollen. Inzwischen hat sich das Projekt zu einem vielseitigen Forum für transnationale Aktivitäten auf den Gebieten der Kunst, der Kommunikation und des Environment entwickelt.
„Landscapes of Desire”, der Titel der Symposien, unterstreicht, dass dabei Wünsche und Phantasien verwirklicht werden sollen. Grenzen werden überschritten, sowohl mentale als auch physische Grenzen, es wurden Verbindungen zu allen Kontinenten geknüpft und ein Netzwerk von künstlerischen und akademischen Institutionen geschaffen, bei dem die Südosteuropäischen Länder im Mittelpunkt stehen. Die Festung Boyen als Ort des Symposiums ist Schauplatz und Symbol zugleich: Das kriegerische Bauwerk wird transformiert zum Environment der Kunst.
Caroline Fekete-Kaisers Vision für die Zukunft ist es, die transnationalen Aktionsmöglichkeiten noch zu erweitern Dazu soll experimentelle Architektur einbezogen werden, um aus den „Landscapes of Desire” tatsächliche, reale, physische Environments zu entwickeln, welche die Menschen zur Auseinandersetzung mit Kunst und transnationalen Themen verführen können. Damit können zugleich fruchtbare Anregungen auf regionaler Basis vermittelt werden. Außerdem sollen Künstler aus Ländern mit Reisebeschränkungen durch Einladungen unterstützt werden, um der Globalisierung ein menschlicheres Gesicht zu verleihen.
Die Bürger und Besucher von Gizycko können die Ergebnisse des diesjährigen Symposiums in der Festung Boyen besichtigen. Am Freitag, dem 30 August 2004 findet in der Kaserne der Bastion Ludwig die Präsentation der künstlerischen Arbeiten statt.